Mit Design Thinking gemeinsam Prototypen entwickeln – für Maßnahmen zur Berufsbildung Nachhaltige Entwicklung (BBNE): Darum ging es beim Innovations-Workshop anfang dieser Woche in Brakel.
25 Teilnehmer:innen aus Wirtschaft, Verbänden, Gewerkschaften, Bildungseinrichtungen und der GWÖ-Bewegung kamen im brandneuen Digi Lab Being Social des Berufskollegs Kreis Höxter zusammen.
Sie nutzten die an zwei intensiven Workshoptagen die Gelegenheit Design Thinking als agile Innovationsmethode kennen zu lernen. Dabei konnten sie sich zusätzlich zu betrieblicher Bildung und Nachhaltigkeit austauschen und ihr persönliches Netzwerk erweitern.
Durch den Design Thinking-Prozess führte unser Stiftungs-Team aus Dr. Christoph Harrach und Christian Einsiedel. Der Workshop war Teil des geförderten Projekts „AGIL – Akademie Gemeinwohl im ländlichen Raum„.
Schnelldurchlauf: Den Prozess erlebend verstehen
Der Workshop startete nach der Begrüßung und kurzem Kennenlernen mit einem Schnelldurchlauf in Zweier-Teams. So konnten alle Teilnehmer:innen die drei Phasen des Design Thinking-Prozesses spielerisch ausprobieren:
- Problem verstehen:
Die Teilnehmer:innen befragten sich gegenseitig zu ihrem idealen Bildungserlebnis und fassten das Gehörte als Synthese in einem Satz zusammen - Problem lösen:
Anschließend entwickelten sie Ideen, welches Bildungsangebot zum Bedürfnis ihres Gegenübers passen könnte. Dann skizzierten bzw. bastelten sie einen Prototypen für die beste Idee - Lösung testen:
Anhand des Prototypen wurde diskutiert, inwiefern die entwickelte Lösung die Bedürfnisse des Gegenübers getroffen. Und natürlich auch, was daran noch zu verbessern wäre
Nachdem auf diese Weise alle mit der Methode vertraut waren, startete der ausführliche Design Thinking-Prozess. Er beginnt immer mit der Innovationsaufgabe (der sogenannten „Design Challenge“):
Wie können wir ein digitales Bildungsprogramm entwickeln, das Wissen, Werkzeuge und Motivationen vermittelt, damit Mitarbeiter:innen Nachhaltigkeit im Betrieb aktiv mitgestalten?
Die Teilnehmer:innen bildeten zunächst drei Gruppen mit hoher Binnendiversität. Dann näherten sie sich der Fragestellung mit vielen kleinen Teilaufgaben an:
Design Thinking Phase 1: Problem verstehen
Anhand von vorbereiten Aufgaben zur Gemeinwohl-Ökonomie und zur Berufsbildung Nachhaltige Entwicklung gab es zunächst ein Brainstorming. Daraus wurde dann selektiert und disktuiert – und nicht zuletzt auch gelacht und in der hauseigenen Caféteria gut gegessen.
Nachdem Bedürfnisse und Hindernisse für ein Nachhaltigkeits-Bildungsprogramm auf diese Weise klarer herausgearbeitet waren, entwickelten alle drei Gruppen eine „Persona“: Einen konkreten Avatar als Stellvertreter:in für die Zielgruppe, deren Herausforderungen das Bildungsprogramm lösen sollte.
Statt abstrakt zu debattieren, ging es ab nun um die Bedürfnisse von „Lisa“, „Sabine“ und „Kim“. Diese Bedürfnisse reduzierten die Teilnehmer:innen zum Abschluss von Phase 1 auf eine Fokusfrage:
Wie kann ein Bildungsprogramm …
- Persona A helfen,
- ihr Bedürfnis B zu befriedigen,
- ohne dass Hindernis C sie davon abhält?
Design Thinking Phase 2: Problem lösen
Mit dieser Fokusfrage startete die Problemlösung. Zum Einstieg entwickelten die Teilnehmer:innen zunächst freie Ideen:
Auf welche Weise ließen sich die Bedürfnisse der Persona befriedigen? Was müsste ein Nachhaltigkeits-Bildungsprogramm dafür mitbringen?
Anschließend gruppierten sie ihre Ideen und wählten daraus einen allgemeinen Lösungsansatz aus. Diesen verdichteten sie dann zu einem einzigen Satz. Dann überlegten sie, welche konkreten Hypothesen zu ihrem Lösungsansatz sie später testen wollten.
So lernten sie ein weiteres Design Thinking-Prinzip kennen: Den bewussten Wechsel zwischen Weite und Verdichtung, zwischen offener Assoziation und enger Fokussierung.
Auf dieser Basis konnten nun alle drei Gruppen mit allerhand Bastematerial einen ersten Prototyp entwickeln.
Design Thinking Phase 3: Lösung testen
Die drei Personas, ihre Herausforderungen und die darauf bezogenen Prototypen wurden anschließend zunächst innerhalb der einzelnen Gruppen bewertet. Wie gut würden die vorgeschlagenen Bildungsprogramme auf verschiedene Zieldimensionen einzahlen?
Zum einen ging es um Nachhaltigkeitsaspekte im Betrieb. Vorlage war das ESG-Modell, Englisch für „Ecological, Social, Governance“: Wie könnte das Bildungsprogramm auf diese drei Dimensionen Ökologie, Soziales und Unternehmensführung wirken?
Zum anderen ging es um die Frage, auf welche Aspekte der Berufsbildung Nachhaltige Entwicklung (BBNE) das Programm sich positiv auswirken würde: Ginge es dabei um Wissen, um betriebliche bzw. Management-Werkzeuge, um Motivation?
Mit diesen Erkenntnissen präsentierten alle drei Gruppen dann ihre Prototypen im Plenum. Sie erhielten direkte, strukturierte Rückmeldung zu ihren aufgestellten Hypothesen:
- Lob für gelungene Ideen
- Anregungen, was sich noch verbessern ließe
- Hinweise auf mögliche Schwierigkeiten
- Zudem ganz neue Ideen, die erst während der Präsentation entstanden
Abschließend dokumentierten alle drei Gruppen ihren Lösungsvorschlag und mögliche Umsetzungsschritte.
Wie geht es weiter?
Im nächsten Schritt werden diese ersten Lösungsansätze nun mit externen Fachexpert:innen diskutiert und bewertet.
Bis zum Projektende im März 2023 entwickelt unser Stiftungs-Team aus den Bastel-Prototypen schrittweise ein digitales Bildungsangebot. Dieser schon viel konkretere Prototyp wird dann mit der Zielgruppe getestet.
Parallel findet ein weiterer Design Thinking-Prozess mit BWL-Masterstudierenden statt, den Dr. Christoph Harrach und Christian Einsiedel als Lehrbeauftragte der Universität Paderborn betreuen. Auch die Erkenntnisse aus diesem Seminar fließen in das Projektergebnis ein.
Nicht alles, was hier erdacht wurde, wird sich technisch realisieren lassen oder von der Zielgruppe wirklich gewünscht werden. Das fertige Bildungsangebot aus dem AGIL-Projekt wird also anders aussehen als die ersten Prototypen. Diese Ergebnisoffenheit ist Teil des agilen Ansatzes im Design Thinking.
Nun ist der Grundstein gelegt. Wir haben sehr viel gelernt und machen uns an die weitere Arbeit. Mit einem herzlichen Dankeschön an alle Teilnehmer:innen und unseren Co-Moderator Frank Ehnes, die uns ihre Zeit und Expertise zur Verfügung gestellt haben!
Ein weiterer Dank gilt den Wirtschaftsförderungen der Kreise Lippe und Höxter sowie dem Berufskolleg Kreis Höxter, die uns durch Bekanntmachung im Vorfeld und durch die Bereitstellung der hervorragend geeigneten Räume unterstützt haben.
Nicht zuletzt gilt unser Dank unseren Fördergeber:innen, die den Gesamtprozes ermöglichen: dem NRW-Arbeitsministerium und dem Europäischen Sozialfonds (ESF).
Update im Juni 2023: Das Projekt ist abgeschlossen. Ergebnis ist der „Transformations-Leitfaden Nachhaltigkeit & Gemeinwohl“ für KMU und ihre Berater:innen – hier zum Download: www.agil.nrw/leitfaden.